Urlaubsplanung arbeitsrechtlich
Als Ergebnis der letzten beiden Folgen halten wir fest: 1. Der Chef kann sich von Ihnen trotz Finanzkrise und Auftragsmangel nicht ohne weiteres trennen. 2. Auch an das Weihnachtsgeld kommt er nicht so einfach ran. Beides ist Grund genug, auch mal an ’was Schönes zu denken, nämlich an Urlaub. Bei Ihrer Urlaubsplanung sollten Sie nicht nur darüber nachdenken, wem Sie den Wellensittich aufs Auge drücken. Vielmehr kann auch die Beachtung arbeitsrechtlicher Aspekte zur ungetrübten Urlaubsfreude beitragen. Zum Urlaubsrecht finden wir einiges im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). In dieser (Vor-)Urlaubslektüre ist z. B festgeschrieben, dass die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers (hinsichtlich Lage und Dauer) des Urlaubs das entscheidende Kriterium sind (§ 711 BUrlG). Diesen Wünschen muss der Arbeitgeber entsprechen, es sei denn, dem stünden dringende betriebliche Belange oder die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer gegenüber. Auf solche betrieblichen Belange kann sich der Chef nicht berufen, wenn er auf seinen Mitarbeiter zur gewünschten Urlaubszeit nur deshalb nicht verzichten kann, weil die Firma dauerhaft unterbesetzt ist und der Chef keine Ersatzkraft eingestellt hat. Der Urlaub muss allerdings nach bisheriger Rechtslage bis zum Ende des Kalenderjahres genommen werden. Nur wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen Gründen oder aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers nicht gewährt oder genommen wurde, kann der Urlaub noch bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden (§ 7 III BUrlG). Danach ist der Urlaubsanspruch grundsätzlich verfallen. Ob allerdings die letztgenannte Regelung europarechtskonform ist, wird gegenwärtig durch den Europäischen Gerichtshof geprüft (C-350/06 Schultz-Hoff). Wird dem Arbeitnehmer der Urlaub trotz Geltendmachung (nachweislich) nicht gewährt, hat er einen unbefristeten Anspruch auf Ersatzurlaub. Ist das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet, kann der Arbeitnehmer anstelle des Ersatzurlaubes Urlaubsabgeltung bzw. Schadensersatz verlangen. Mit diesem Ersatzanspruch muss sich der Arbeitnehmer jedoch nicht abfinden. Denn bevor der Urlaub verfallen ist (also je nachdem am 31.12. des laufenden Jahres oder am 31.03. des Folgejahres), hat der Arbeitnehmer einen sicheren Anspruch darauf, seinen (zu verfallen drohenden) Urlaubsanspruch per einstweiliger Verfügung durchzusetzen. Doch denken wir positiv und unterstellen einmal, dass der Chef den Urlaub wunschgemäß bewilligt hat. Für diesen Fall hat der Chef grundsätzlich keine Möglichkeit mehr die Zusage zu widerrufen (Bundesarbeitsgericht vom 14.03.2006 – 9 AZR 11/05). Den Grundsatz, dass der einmal erteilte Urlaub unwiderruflich ist, kann der Arbeitgeber auch nicht dadurch aushebeln, dass er das Widerrufsrecht in den Arbeitsvertrag hineinschreibt oder er sich bei der Urlaubserteilung den Widerruf vorbehält. Denn eine solche unter Widerrufsvorbehalt erteilte Zusage würde den Arbeitgeber von seiner Pflicht, Urlaub zu erteilen, nicht ausreichend befreien. Auch wenn klar ist, dass der Arbeitgeber den einmal erteilten Urlaub nicht widerrufen darf, kann nur davor gewarnt werden, trotz erklärten Widerrufs einfach in Urlaub zu fahren. Dies könnte ungeachtet der rechtswidrigen Vorgehensweise des Arbeitgebers als „eigenmächtige Urlaubsnahme“ angesehen werden. Letztere wäre ein klassischer Kündigungsgrund (auch für eine fristlose Kündigung). Daher ist der Arbeitnehmer auch im Falle des rechtswidrigen Widerrufs des ursprünglich genehmigten Urlaubs gut beraten, auf Nummer sicher zu gehen und gegen den Arbeitgeber eine einstweilige Verfügung zu erwirken.
Sachbearbeiter: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Seyfried