Kündigung mit Namensliste und ihre Angreifbarkeit

 

Auch bei Sozialplan mit Namensliste kann Kündigungsschutzklage erfolgreich sein

 

§ 1 V Kündigungsschutzgesetz (KSchG) führt an sich zu erleichterten Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers. Hiernach wird nämlich gesetzlich vermutet, das die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Die soziale Auswahl kann dann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

Diese Neuregelung, die im Rahmen der Gesetzgebung "Agenda 2010", seit dem 01.01.2004 gilt, verleitete Arbeitgeber in der Vergangenheit dazu, bei der Vorbereitung von Massenentlassungen zu schlampen. In der Annahme, die Namensliste werde es schon richten, haben sie häufig nicht näher dargelegt, warum der Arbeitsplatz des einzelnen Mitarbeiters denn nun zwingend (betriebsbedingt) habe wegfallen müssen.

 

Diesem leichtfertigen Umgang mit Kündigungen hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm jetzt eine Absage erteilt.

 

Zwar musste das LAG Hamm selbstverständlich der Vermutungswirkung des § 1 Rechnung tragen. Deshalb muss beim Vorliegen eines Sozialplanes mit Namensliste grundsätzlich der Arbeitnehmer darlegen, dass die Beschäftigung für ihn nicht weggefallen ist. Der Arbeitnehmer muss daher darlegen, wieso der Arbeitsplatz trotz der Betriebsänderung noch vorhanden ist oder wo er sonst im Betrieb oder Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann.  Hierauf hatte sich der Arbeitgeber im Prozess verlassen und daher zur Erforderlichkeit der Kündigung nichts Nennenswertes vorgetragen. Nach Auffassung des LAG Hamm wäre der Arbeitgeber jedoch verpflichtet gewesen, näher dazu vorzutragen, welche Auswirkungen sein dem Interessenausgleich zugrunde liegendes unternehmerisches Konzept auf den Beschäftigungsbedart in seinem Betieb hat. Der Arbeitgeber hätte insbesondere einen zum Zeitpunkt der Kündigung bereits erstellten, detaillierten Stellenplan vorlegen müssen.

Den Grund für die so vorgenommene Umkehr der Darlegungslast macht das LAG Hamm an dem Begriff der sekundären Darlegungslast fest. Eine sekundäre, also nachrangige Darlegungspficht hat die an sich nicht zur Darlegung verpflichtete Partei (hier der Arbeitgeber), wenn der Arbeitnehmer mangels eigener Wahrnehmungsmöglichkeiten keine Chance hat, seiner Darlegungslast nachzukommen. Hat also der Arbeitnehmer keine Kenntnis von den für die Kündigung maßgeblichen Umständen (wie dies häufig der Fall sein wird), hat dies zur Folge, dass eine sekundäre Darlegungslast des Arbeitgebers besteht. Der Arbeitnehmer braucht nur (einfach) bestreiten, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt war. Sodann muss der Arbeitgeber (wie bei jedem herkömmlichen Kündigungsschutzprozess auch) sein unternehmerisches Konzept  und dessen Umsetzung einschließlich der Auswirkungen auf den Beschäftigungsbereich im einzelnen darlegen. Geschieht dies nicht, ist die Kündigung ohne weiteres unwirksam.

 

LAG Hamm, Urteil v. 01.06.2011 - 4 Sa 1772/10)

 

Bearbeitet am 14.07.2011

Sachbearbeiter: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Seyfried

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